Bei der Nutzung von Kerntechnik entstehen radioaktive Abfälle: beim Betrieb und bei der Stilllegung von Kernkraftwerken, in verschiedenen Industriezweigen, in der Forschung sowie in medizinischen Anwendungen. In Deutschland werden diese Reststoffe einerseits in hochradioaktive wärmeentwickelnde Abfälle und andererseits in schwach- und mittelradioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung eingeteilt.
Schwach- und mittelradioaktive Abfälle machen rund 90 Prozent des Volumens radioaktiver Abfälle aus und stammen aus dem Betrieb und der Stilllegung von Kernkraftwerken, aus der Forschung und Industrie sowie aus der Medizin. Es handelt sich beispielsweise um kontaminierte Anlagenteile, Werkzeuge oder Laborgeräte, Schutzkleidung aus Kernkraftwerken, verbrauchte Filter, Strahlenquellen aus der Medizin und anderen technischen Anwendungen oder radioaktive Chemikalien.
Zu den hochradioaktiven Abfällen gehören vor allem verbrauchte Brennelemente, die bei der Stromerzeugung in Kernkraftwerken sowie in Forschungsreaktoren anfallen sowie Abfälle aus der Wiederaufarbeitung verbrauchter Brennelemente. Ihr Anteil am Gesamtvolumen beträgt rund 10 Prozent, sie enthalten jedoch über 99 Prozent der gesamten Radioaktivität. Die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle in Deutschland sollen im Endlager Konrad eingelagert werden. Für diese Abfälle prognostiziert das Bundesumweltministerium (BMUB) bis zum Jahr 2080 ein Volumen von etwas über 300.000 m³. Ein mögliches künftiges Abfallvolumen aus der Rückholung und Konditionierung von Abfällen aus Asse II ist darin nicht enthalten.
Im weltweiten Vergleich haben sich nur einige Länder wie Deutschland entschieden, auch schwach- und mittelradioaktive Abfälle in geologischen Tiefenlagern zu entsorgen, während andere Länder festgelegt haben, solche Abfälle oberflächennah zu lagern. Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle sind in einigen Ländern bereits seit vielen Jahren in Betrieb.
Oktober 2018
Für die
Aufnahme schwach- und mittelradioaktiver Abfälle wird nach seiner Errichtung
das bereits genehmigte Endlager Konrad bei Salzgitter zur Verfügung stehen. Das
ehemalige Eisenerzbergwerk ist als Endlager für Abfälle dieser Art bis zu einem
Abfallvolumen von 303.000 m³ genehmigt. Seit April 2007 liegt ein
bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss vor. Am 8. März 2018 veröffentlichte die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbh (BGE) mit dem ersten Halbjahr 2027 einen konkreten Termin für die Fertigstellung des Endlagers.
Gegenwärtig wird Konrad zum Endlager ausgebaut. Neben Arbeiten zur Errichtung
der übertägigen Infrastruktur, wie dem Bau von Straßen und Gleisanbindung sowie
der Anlagen zum Umschlag und zur Prüfung der einzulagernden Abfallgebinde,
werden die beiden Schächte saniert und umgerüstet. Unter Tage werden die
Infrastruktur, Transportstrecken und ein spezielles Bewetterungssystem für den
Einlagerungsbetrieb angelegt sowie Einlagerungskammern aufgefahren und
ausgebaut sowie Schachtanlagen umgebaut. Die Zuständigkeit für diese
Umbaumaßnahmen ist am 30. Juli 2016 von BfS und DBE auf die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbh (BGE) unter
Aufsicht des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE)
übergegangen. Die Aufgaben wurden am 25.
April 2017 an die BGE übertragen. Bis Ende 2015 wurden rund 2 Milliarden
Euro für das Endlagerprojekt Konrad investiert.
Die
eisenerzhaltige Formation am Standort ist vor etwa 135 bis 140 Millionen Jahren
entstanden. In einer Tiefe zwischen 800 bis 1.300 Metern bilden eisenerzhaltige
Gesteinsschichten mit einer Breite von 8 bis 15 km das Wirtsgestein für die
künftig einzulagernden Abfälle. Oberhalb dieser Schichten befinden sich ca. 400
Meter dicke wasserundurchlässige Tonschichten, gefolgt von einer mächtigen
Schicht Mergel- und Kalkstein. Diese Schichten bilden die entscheidende
geologische Barriere und isolieren die radioaktiven Abfälle langfristig vom
Grundwasser und von der Biosphäre. Die geowissenschaftlichen
Langzeitsicherheitsprognosen legen dabei einen Zeitraum von mindestens 100.000
Jahren zu Grunde. Die Ergebnisse der Langzeitsicherheitsanalyse zeigen, dass
die maximal auftretende mögliche radiologische Belastung für Personen deutlich
unterhalb des von der Planfeststellungsbehörde geforderten international
anerkannten Maßstabs liegt. Es sind damit aus der Freisetzung von Radionukliden
keine nachteiligen Auswirkungen für Mensch und Umwelt zu befürchten.
Das Endlager Konrad wird voraussichtlich Mitte des kommenden Jahrzehnts in Betrieb genommen. Bis zur Inbetriebnahme
von Konrad lagern die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle mit
vernachlässigbarer Wärmeentwicklung in Landessammelstellen der Bundesländer, in
Forschungseinrichtungen, an den Standorten der Kernkraftwerke oder anderen
kerntechnischen Standorten sowie in zentralen Zwischenlagern. Die Abfälle
müssen dort ihrer Art und dem radioaktiven Inventar entsprechend konditioniert,
also aufbereitet, in je geeignete Behälter verpackt und dokumentiert werden,
damit sie die Annahmebedingungen des Endlagers Konrad erfüllen und entsprechend
der Bestimmungen für Gefahrguttransporte sicher dort angeliefert werden können.
Mit dem Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen
Entsorgung geht ab dem 1. Januar 2020 die operative Verantwortung für die
Zwischenlagerung der schwach- und mittelaktiven Abfälle an die
Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) über. Für die Konditionierung der
Betriebs- und Rückbauabfälle gemäß der Annahmebedingungen des Endlagers Konrad
und die Bereitstellung der Behälter bleiben weiter die Betreiber der
Kernkraftwerke zuständig.
Für das Endlager Konrad ist eine Betriebszeit von rund 30 Jahren vorgesehen, in
der die Abfälle von den verschiedenen Zwischen- und Abfalllagern sowie den
Landessammelstellen abgerufen werden. Die Einlagerung wird unmittelbar nach
Annahme der Gebinde erfolgen, da in der Genehmigung für das Endlager nur ein
kleines Pufferlager zur Anlieferung und Kontrolle der Abfallgebinde vorgesehen
ist.
Jahr | |
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1965 - 1976 | Eisenerzabbau, 1976 Einstellung aus wirtschaftlichen Gründen |
1976 - 1982 | Untersuchung des Schachtes auf die Eignung als Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle |
1982 | Vorstellung eines Abschlussberichts mit bisher positiven Ergebnissen Antrag auf Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens nach § 9 Atomgesetz (AtG) durch die damals zuständige Physikalisch-Technisch Bundesanstalt (PTB) im Einvernehmen mit der Bundesregierung2.3 |
1982 - 1990 | Ausarbeitung der gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsanalyse unter landesbehördlicher Begleitung durch die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) mbH |
1989 | Einreichung der Planunterlagen bei der zuständigen Planfeststellungsbehörde, dem Niedersächsischen Umweltministerium |
1991 | Öffentliche Auslegung der Planunterlagen |
1992 - 1993 | Erörterungstermine über insgesamt 75 Verhandlungstage |
2000 | Antrag auf Sofortvollzug des Planfeststellungsbeschlusses durch BfS zurückgezogen gemäß Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000 |
2002 | Reduktion des beantragten Einlagerungsvolumens von 650.000 m³ auf 303.000 m³ durch BfS aufgrund geänderter Abfallprognosen, Erteilung des Planfeststellungsbeschlusses durch das Land Niedersachsen |
2006 | Bestätigung des Planfeststellungsbeschlusses und Zurückweisen aller Klagen von Kommunen und Privatpersonen durch das Oberverwaltungsgericht in LüneburgNichtzulassung einer Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig |
2007 | Bestätigung der Revisionsentscheidung durch das BundesverwaltungsgerichtEndgültige Rechtskraft der Genehmigung zu Errichtung und Betrieb. Start der Umrüstungsphase der Schachtanlage |
Mitte 2020er Jahre | Fertigstellung und Einlagerung |
Juli 2017
Das Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben (ERAM) wurde von der DDR im ehemaligen Kali- und Steinsalzbergwerk Bartensleben in Sachsen-Anhalt eingerichtet. 1990 ging das ERAM mit der deutschen Wiedervereinigung in Bundeseigentum über. Betreiber wurde seitdem das BfS, die DBE führte in dessen Auftrag den Betrieb. Seit dem 30. Juli 2016 ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) als Betreiber verantwortlich. Die Aufgaben wurden am 25. April 2017 an die BGE übertragen.
Insgesamt wurden zwischen 1981 und 1998 rund 37.000 m³ schwach- und mittelradioaktive Abfälle (davon etwa 14.000 m³ aus den Kernkraftwerken der alten Bundesländer) einschließlich rund 6.000 umschlossener Strahlenquellen eingelagert. Die Einlagerungsarbeiten wurden 1998 aufgrund eines Gerichtsbeschlusses ausgesetzt, das BfS verzichtete 2001 endgültig auf die Annahme weiterer Abfälle.
Das für die Stilllegung erforderliche Planfeststellungsverfahren ist eingeleitet, die notwendigen Unterlagen wurden von 2005 bis 2009 vom BfS bei der zuständigen Landesbehörde, dem Umweltministerium Sachsen-Anhalt eingereicht und öffentlich ausgelegt. Die Öffentlichkeitsbeteiligung wurde im Jahr 2011 an neun Verhandlungstagen durchgeführt. Die Entscheidung über die Einwendungen sowie der Planfeststellungsbeschluss durch die zuständige Genehmigungsbehörde, das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt (MULE) stehen noch aus. Nach Genehmigung der geplanten Schließung werden die Arbeiten zur Stilllegung noch 15 bis 20 Jahre dauern.
Juli 2017
Das ehemalige Salzbergwerk Schachtanalage Asse II in Niedersachsen bei Wolfenbüttel diente von 1965 bis 1995 als Forschungsbergwerk des Bundes. In den Jahren 1967 bis 1978 wurden rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen eingelagert. Die Abfälle stammen aus dem Betrieb kerntechnischer Einrichtungen sowie aus der Nutzung radioaktiver Stoffe in Industrie, Forschung und Medizin. 1995 wurden die Forschungsarbeiten eingestellt und 2007 die endgültige Schließung beantragt.
Seit dem 1. Januar 2009 ist das BfS als Nachfolger des Helmholtz Zentrum München für den Betrieb und die Stilllegung der Anlage zuständig. Ein wesentlicher Grund für den Betreiberwechsel war die Gleichstellung der Anlage mit einem Endlager und seine Überführung ins Atomgesetz. Seit dem 30. Juli 2016 ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) als Betreiber verantwortlich. Die Aufgaben wurden am 25. April 2017 an die BGE übertragen.
Zur Stilllegung der Schachtanlage wurden drei verschiedene Möglichkeiten in Betracht gezogen: Rückholung, Umlagerung innerhalb des Bergwerks und Vollverfüllung. Die Rückholung wurde als bevorzugte Option beim weiteren Umgang mit den dort eingelagerten Abfällen identifiziert, weil bei dieser Variante nach aktuellem Wissensstand die Möglichkeit besteht, einen Langzeitsicherheitsnachweis zu erbringen. In einem Schreiben an das BMU (heute BMUB) vom Januar 2010 empfiehlt die Entsorgungskommission auch die Vollverfüllung des Bergwerks als Option weiter zu verfolgen, da die Möglichkeit der Rückholung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist.
Mit Inkrafttreten der Lex Asse, dem „Gesetz zur Beschleunigung der Rückholung radioaktiver Abfälle und der Stilllegung der Schachtanalage Asse II“ wurde im April 2013 die Grundlage für eine beschleunigte Rückholung der Abfälle aus der Schachtanlage geschaffen. Der mögliche Beginn der Rückholung wird nach heutigem Stand für 2033 erwartet. Im September 2016 hat die Strahlenschutzkommission (SSK) des Bundesumweltministeriums (BMUB) angesichts der absehbar langen Dauer des Rückholungsprojektes unter Strahlenschutzgesichtspunkten empfohlen, auch die alternative Option einer Vollverfüllung wieder bei den Planungen zu berücksichtigen.