Berlin, 27.10.2017
Am 31. Oktober 1957 ging mit dem Forschungsreaktor München (FRM) die erste kerntechnische Anlage Deutschlands in Betrieb. Auch heute wird am Standort mit der Forschungsneutronenquelle Heinz-Maier-Leibnitz (FRM II) eine der leistungsfähigsten Großforschungsanlagen der Welt betrieben und Spitzenforschung ermöglicht.
Mit dem FRM begann 1957 im Rahmen des Programms „Atoms for Peace“ die „Aufholjagd“ der Bundesrepublik Deutschland in der Kerntechnik. Mit dem FRM II befindet sich seit 2005 eine der modernsten Neutronenquellen überhaupt am Standort und bündelt in Deutschland auch die Neutronenforschung des Forschungszentrums Jülich und des Helmholtz-Zentrum Geestacht. Hier wird international und im gesamten Spektrum von der physikalischen Grundlagenforschung über Materialentwicklung bis zur Altersbestimmung von Kunstwerken oder der medizinischen Anwendung gearbeitet. In Bereichen wie Energie, Informationstechnik, Gesundheit, Nanotechnologie, Geowissenschaften und weiteren werden unverzichtbare wissenschaftliche Dienstleistungen erbracht, die pro Jahr auch von mehr als 1.000 Messgästen aus aller Welt genutzt werden. Derzeit wird eine Produktion des Isotops Molybdän-99 aufgebaut, um die europaweite Versorgung mit dem wichtigsten radiopharmazeutischen Produkt zur Diagnose, Technetium-99m, sicher zu stellen.
Begründer des FRM war der innovative Gründungsdirektor Heinz Maier-Leibnitz, politische Initiatoren waren überparteilich der damalige Bundesminister für Atomfragen Franz Josef Strauß (CSU) und der Bayerische Ministerpräsident Dr. Wilhelm Hoegner (SPD). Der FRM ist nicht nur Wiege der deutschen Kerntechnik, sondern gilt als Keimzelle des modernen Campus der TU München in Garching und des Wissenschaftsstandorts im Münchner Norden zu dem bei Kerntechnik und Strahlenschutz auch die Gesellschaft für Reaktorsicherheit, das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, das Helmholtz-Zentrum München und das Bundesamt für Strahlenschutz gehören.
Der FRM diente bis zum Jahr 2000 der Forschung und Ausbildung
insbesondere in Physik und Kerntechnik. Im charakteristischen „Atom-Ei“ wurden
wesentliche Grundlagen der Neutronenforschung erarbeitet,
die bis heute weltweit angewendet werden: am FRM wurden erstmals die Targets
nahe der Neutronenquelle platziert, es wurden die Neutronenleiter und die
Neutronenrückstreumethode zur Analyse auf atomarer Ebene entwickelt, Detektoren
zur Kernstrukturanalyse konstruiert, die erste
Tiefsttemperaturbestrahlungsanlage gebaut und die Methode der Analyse durch
Kleinwinkelstreuung entwickelt. In der Grundlagenforschung gelangen der Nachweis
der Neutronen-Interferenz als weitere Bestätigung des Welle-Teilchen-Dualismus
und der Nachweis der Existenz „ultrakalter“, also sich sehr langsam bewegender
Neutronen.