atw - Mai 2017

Themen im Mai 2017:

Globale Perspektiven der Kernenergie
Externe Effekte eines Kernenergie-Wissenschaftskomplexes
Reaktivitätsrückwirkung von Pakistan Research Reactor-1
Cyber-Sicherheit und die Nuklearindustrie

Ist die Nuklearindustrie auf die Herausforderungen von Cyber-Attacken vorbereitet?

NucNet

Im Oktober 2015 veröffentlichte der britische Think Tank Chatham House einen Bericht mit einigen beunruhigenden Ergebnissen zur Cyber-Sicherheit in der zivilen Nuklearindustrie. Cyber-Risiken, so der Bericht, seien in der Branche noch nicht ausreichend wahrgenommen worden und es müsse aktive und wirksame Antworten auf die Herausforderungen geben. Die Nuklearindustrie scheint nicht umfassend für einen groß angelegten Cyber-Angriff vorbereitet zu sein und muss in Gegenmaßnahmen und Reaktionspläne investieren. Chatham House warnt vor allem davor, dass Entwicklungsländer „besonders anfällig“ für Cyber-Attacken sind. Die Industrie solle Leitlinien für das Niveau von Cyber-Sicherheit entwickeln, einschließlich einer integrierten Risikobewertung, die sowohl Sicherheits- als auch Vorsorgemaßnahmen berücksichtigt. Alle Länder mit kerntechnischen Anlagen sollten einen wirksamen regulatorischen Ansatz für die Cyber-Sicherheit, z.B. auf der Grundlage der IAEA-Leitlinien einführen.

Von der Designqualifizierung zur Qualifizierung der Ausbildung nach ECVET Prinzipien

Mihail Ceclan und Franck Wastin

Die Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission wurde 2009 als Koordinator des europäischen Human Resources Observatory – Nuklear (EHRO-N) benannt. EHRO-N identifizierte eine große Herausforderung des Nuklearsektors: die Lücke von etwa 30 % zwischen Angebot und Erfordernis bei qualifiziertem Personal in der Stilllegung zu decken und das nukleare Aus- und Weiterbildungssystem anzupassen, um mehr den Anforderungen des Arbeitsmarktes gerechter zu werden. Dieser Prozess basiert auf der Gestaltung flexibler Qualifikationen nach den Grundsätzen des europäischen Kreditsystems für berufliche Bildung (ECVET). Der Prozess der ECVET-Umsetzung im Bereich der Kernenergie läuft seit 2011 und basiert auf der von EHRO-N entwickelten Strategie und Roadmap. Die aktuelle Arbeit präsentiert die neuesten Entwicklungen bei der Ausgestaltung von Trainingsprogrammen.

Übersicht zu weltweiten Kernkraftwerksneubauprojekten und globale Perspektiven der Kernenergie

Jean-Pol Poncelet

Kernenergie ist eine wichtige Quelle für die Stromerzeugung in Europa: Die 131 Reaktoren liefern 28 % des Stroms; dies entspricht rund 55 % der emissionsarmen Erzeugung. Der Umsatz der Branche beträgt rund 70 Mrd. € und sichert rund 800.000 Arbeitsplätze. Weltweit wird die Kernenergie ausgebaut, allerdings mit neuen geografischen Schwerpunkten, d.h. insbesondere dem asiatischen Raum. Der Markt in Europa ist gekennzeichnet durch eine allgemeine Unsicherheit für alle Investitionen in der Stromerzeugung aufgrund von politischen Markteingriffen. Ein einheitliches Energiekonzept aller Staaten ist nicht erkennbar.

Das Klimaproblem: Bewertung nach dem Paris-Abkommen und der Marrakesch-Konferenz

Eike Roth

Das Klima-Abkommen von Paris 2015 ist am 4. November 2016 in Kraft getreten. Aber die Widersprüchlichkeit in dem Abkommen – verschärfte Ziele und (vermutlich) unzureichende Zusagen der einzelnen Länder – ist geblieben. Auch auf der Nachfolgekonferenz in Marrakesch 2016 konnte sie nicht beseitigt werden. 2017 trifft man sich wieder. Aber nachdem Donald Trump zum Präsidenten der USA gewählt worden ist, weiß niemand wie das wirtschaftlich stärkste Land der Welt sich zukünftig verhalten wird und die Unsicherheiten sind größer geworden denn je. Das verstärkt den Druck, die tatsächliche Größe des anthropogenen Einflusses auf das Klima endlich konsistent wissenschaftlich zu klären, um auf dieser Basis dann besser entscheiden zu können. Diese Arbeit will einen kleinen Beitrag hierzu leisten.

Atomausstieg in der Schweiz: Vernunft hat Vorfahrt

Tobias Leidinger

Vor wenigen Monaten haben die Schweizer Stimmbürger die Initiative der Grünen Partei zum beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie mehrheitlich abgelehnt. Einmal mehr zeigt sich, dass in der Schweiz in Fragen der Energiepolitik Vernunft und nicht Ideologie Vorfahrt genießt. Mit ihrem ablehnenden Votum gegen einen beschleunigten Kernenergieausstieg haben die Schweizer einmal mehr bewiesen, dass sie für radikale, ideologisch aufgeladene Lösungsvorschläge, die sich bei näherem Hinsehen als teuer, riskant und wenig durchdacht darstellen, keine Sympathien hegen. Die Mehrheit der Schweizer hat verstanden, dass der extensive Ausbau erneuerbarer Energien und der Stromnetze, zahlreiche Risiken und Unwägbarkeiten bergen.

Abschätzung von externen Effekten auf die Region Gyeongju durch die Errichtung eines Kernenergie-Wissenschaftskomplexes

Byung-Sik Lee und Joo Hyun Moon

Korea hat fortgeschrittene nukleare Technologien entwickelt, darunter auch solche für künftige Kernkraftwerkssysteme und den sicheren Umgang mit abgebrannten Brennelementen. Derzeit werden Entscheidungen für mögliche weitere umfangreiche Investitionen, vor allem eine neue Forschungseinrichtung, vorbereitet. Es steht allerdings am bestehenden Korea Atomic Energy Research Institute (KAERI) keine ausreichende Fläche für die Erweiterung zur Verfügung. Gyeongju ist für die neue Einrichtung ein potenzieller Standort. Im Rahmen dieser Studie wurden die externen wirtschaftlichen Effekte mit einer Input-Output-Analyse ermittelt und bewertet, die mit Bau und Investition für die Region verbunden sind. Ermittelt wurden 1.086.633 Milliarden Korean Won (KRW) für regionale Produktionsanreize, 455.299 Milliarden KRW für Wertschöpfung und 9.592 zusätzliche Beschäftigte.

Auf dem langen Weg zu einem Endlager für hochradioaktive, Wärme entwickelnde Abfälle – Teil 3

Karl-Heinz Lux, Ralf Wolters und Juan Zhao

Ein neuer konzeptionell-konfigurativer Ansatz und ein neues Simulationswerkzeug zur Erarbeitung eines verbesserten Prozess- und Systemverständnisses für HAW-Entsorgungsanlagen – ohne und mit direktem längerfristigem Monitoring. Im Hinblick auf die Endlagerplanung werden eine Rückholbarkeit der Wärme entwickelnden hoch radioaktiven Abfälle während der Einlagerung in der Betriebsphase und eine grundsätzliche Bergbarkeit während der ersten 500 Jahre nach Verschluss des Endlagers in der Nachverschlussphase gefordert. Sowohl für die Überwachung des Endlagers während der Einlagerungsphase wie auch danach könnte alternativ zu einem bzw. neben einem indirekten Monitoring auch ein direktes Monitoring der versetzten Einlagerungssohle in das Endlagerkonzept implementiert werden.

Berechnung der Reaktivitätsrückwirkung für den Pakistan Research Reactor-1 mit dem PRIDE Code

Ali Mansoor, Siraj-ul-Islam Ahmed, Inam-ul-Haq und Rustam Khan

Für den Pakistan Research Reactor-1 (PARR-1) wurden die Reaktivitätskoeffizienten für Brennstoff und Moderator sowie der Void-Temperaturkoeffizienten ermittelt. Zu diesem Zweck wurde ein validiertes dreidimensionales Modell des PARR-1-Kerns entwickelt und mit Referenzergebnissen für Reaktivitätsberechnungen validiert. Der „Program for Reactor In-Core Analysis using Diffusion Equation“ (PRIDE)-Code wurde für die Entwicklung eines 3-dimensionalen Modells in Verbindung mit WIMSD4 für die Gitterzellenmodellierung verwendet. Werte für isotherme Brennstoff-, Moderator- und Void-koeffizienten wurden berechnet. Zusätzlich wurden auch Neutronenflussprofile für fünf Energiegruppen berechnet.

6. Essener Fachgespräch Endlagerbergbau: Aufbruchsstimmung

Redaktion

Ganz im Zeichen der anstehenden gesetzlichen und organisatorischen Veränderungen rund um die Entsorgung und Endlagerung radioaktiver Abfälle stand das 6. Essener Fachgespräch Endlagerbergbau, das am 9. März 2017 bei der DMT stattfand. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf den Herausforderungen für die Branche, die heute vorhandene Kompetenz in den neuen Strukturen weiterzutragen, beim anstehenden Start des Jahrhundertprojektes „Standortauswahlverfahren“ und bei Entwicklungen in anderen Ländern.

Die Nuklearindustrie muss in diesen Zeiten am Ball bleiben

John Shepherd

Die letzten Wochen brachten für die weltweite Nuklearindustrie zweifelsohne große Herausforderungen. Schon in der Vergangenheit gab es Rückschläge. Es liegt in der Natur dieser globalen verbundenen Industrie, sich im internationalen Medienfokus wieder zu finden, wenn es um „schlechte Schlagzeilen“ geht. Die Aufgabe für die Industrie ist es jetzt, sich ihrer Vorzüge und Leistungen bewusst zu werden und den wirtschaftlichen Herausforderungen zu begegnen. Wie ein englisches Sprichwort dazu bemerkt, „das Glück begünstigt die Tapferen“.

Betriebserfahrungen mit Kernkraftwerken 2016 – Teil 1

Redaktion

Über im Jahr 2016 erzielte Betriebsergebnisse sowie sicherheitsrelevante Ereignisse, wichtige Reparaturmaßnahmen und besondere Umrüstmaßnahmen wird zu den in Deutschland in Betrieb befindlichen Kernkraftwerken berichtet. Der Teil 2 des Reports wird Anlagen aus Finnland, den Niederlanden, der Schweiz und Spanien umfassen.