Dezember 2013
Dipl.-Kfm. Bernd J. Breloer war unter anderem Mitglied der Geschäftsführung der Uranit GmbH, Vorsitzender der Geschäftsführung der Nukem GmbH, Member of the Board der Urenco Limited und Vorstand der RWE Rheinbraun AG.
kernenergie.de hat Bernd Breloer zur Endlagersuche nach dem Standortauswahlgesetz, zum Standort Gorleben und zur Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ befragt.
Mit dem Standortauswahlgesetz soll ein Neuanfang bei der Suche nach einem Endlager für wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle gemacht und ein gesellschaftlicher Konsens angestrebt werden. Wie würden Sie die Aussichten auf einen dauerhaften Konsens einschätzen?
Bevor wir über dauerhaften Konsens reden, halten wir erst einmal fest, dass der Konsens bisher nur im Negativen besteht: Keine Erkundung des Salzstocks Gorleben, keine Transporte von verglasten Abfällen aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich und England ins Zwischenlager Gorleben, Beendigung der Sicherheitsanalyse des Standorts Gorleben, welche die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) durchgeführt hat, "ohne Eignungsprognose" und last but not least kein Salzlabor im Erkundungsbergwerk zu noch ausstehenden Forschungen zum Medium Salz als Wirtsgestein. In Wirklichkeit besteht der Konsens darin, erst einmal – und dies möglichst lange – in Sachen Endlagerung nichts zu tun. Erst recht darf Gorleben nicht zuende erkundet werden. Spätestens wenn es bei der Suche nach alternativen Standorten irgendwann irgendwie konkret werden sollte, wird der vermeintliche Konsens auseinanderfallen. Kann sich irgendjemand vorstellen, dass die betroffene regionale Politik oder gar die Antiatomgruppen tatenlos zusehen, wenn es um einen konkreten neuen Standort geht? Kann man sich vorstellen, dass die Politik dann keine divergierenden Interessen feststellt und politisch nutzt? Zumal ja bereits gezeigt wurde, dass und wie man aus politischen Gründen die Realisierung eines Endlagers verhindern kann, auch wenn schon Milliarden dafür ausgegeben wurden.
Die Erkundung von Gorleben wurde gestoppt, der Standort wird aber offen gehalten und verbleibt im Auswahlverfahren, wo er mit den zukünftigen zusätzlichen Erkundungsstandorten verglichen werden soll. Gibt es einen zwingenden Grund für eine neue Standortsuche unter Verzicht auf den Abschluss der Erkundung von Gorleben?
Aus fachlicher Sicht gibt es überhaupt keinen Grund, erst recht keinen zwingenden, für eine neue Standortsuche. Schon gar nicht vor Abschluss der Erkundung von Gorleben. Die bisherige Erkundung hat ja bekanntlich alle Erwartungen hinsichtlich der Eignung des Standortes erfüllt. Die rot-grüne Bundesregierung hat der Stromwirtschaft im Juni 2000 sogar schwarz auf weiß gegeben, dass die bisher gewonnenen geologischen Befunde einer Eignungshöffigkeit des Salzstockes in Gorleben nicht entgegenstehen. In der Vorläufigen Sicherheitsanalyse zu Gorleben kann jeder auf der Website der GRS nachlesen, dass der Salzstock die Abfälle eine Million Jahre sicher einschließen wird, dass das Barrierensystem die Sicherheitsprinzipien des Bundesumweltministeriums erfüllt und dass das Endlagersystem auch gegenüber ungünstigen Annahmen robust ist. Bemerkenswert ist, dass man diese Studie auf der Website des Auftraggebers, nämlich des BMU, oder des für Endlager zuständigen Bundesamtes für Strahlenschutz vergeblich sucht.
Für eine neue, teure und voraussichtlich vergebliche Standortsuche gibt es allein politische Gründe, die ja auch erreicht wurden: Das Thema ist einstweilen von der politische Bühne verschwunden.
Die im Standortauswahlgesetz vorgesehene Kommission "Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe" soll die Frage der Entsorgung dieser Abfälle völlig neu und offen sowie wissenschaftsbasiert diskutieren. Wie verhalten sich diese Ansprüche zu einander angesichts von mehreren Jahrzehnten nuklearer Entsorgungsforschung in einer Vielzahl von Staaten?
Wie das ganze Gesetz, so hat natürlich auch diese Kommission nur politisch-taktische Bedeutung. Das gilt bereits für die Formulierungen, die unterstellen, alles Bisherige sei von minderer, schlechter Qualität. Die Realität ist anders. Deutschland verfügt aus eigener geologischer Forschung und der Beteiligung an ausländischen Projekten über ein breites Erfahrungswissen. Deutschland muss nicht bei Null anfangen. Die Schlüsselfrage, ob Steinsalz überhaupt für ein Endlager geeignet ist, ist schon lange positiv beantwortet. In der Zeit der rot-grünen Bundesregierung hat der damalige Bundesumweltminister Trittin versucht, Steinsalz als Wirtsgestein für ein Endlager durch Vergleichsstudien mit Granit und Ton zu disqualifizieren. Das gelang aber nicht. Auch in der anderen Schlüsselfrage, welche Sicherheitsanforderungen an ein Endlager zu stellen sind, ist Deutschland auf der Höhe der Kunst: Vor gerade drei Jahren hat das Bundesumweltministerium die Sicherheitsanforderungen auf den neuesten Stand gebracht.
Lassen sie mich zusammenfassen: Wir haben mit hoher Wahrscheinlichkeit in Gorleben einen geeigneten Endlagerstandort. Es ist daher sachlich völlig unnötig, eine neue Standortsuche zu beginnen. Das würde jedermann deutlich werden, wenn man die wenigen noch ausstehenden Untersuchungen in Gorleben zu Ende führen würde. Genau aus diesem Grunde findet dies nicht statt. Dass er [der Salzstock Gorleben] wenigstens im Auswahlverfahren bleibt, ist ein Glück. Ich persönlich und auch mein Koautor Wolfgang Breyer, der Ihre Fragen gemeinsam mit mir bearbeitet hat, glauben, dass am Ende der Tage das Endlager in Gorleben realisiert wird. Es wird ein langer und sehr teurer Weg bis dahin.